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Jerome Reuter hat ja einen unglaublichen Output, schüttelt seine Songs scheinbar nur so aus dem Ärmel, ohne dass jemals ein wirklich schlechter dabei wäre. Ganz im Gegenteil, immer wieder erschafft er einzigartige Juwelen, und jenen Songs, die einfach nur gut bis halbwegs gut sind, gibt er per Stimme und Arrangement das nötige Etwas, dass sie zumindest juwelenhaft erscheinen lässt. So war schon das Hören des Song-Marathons von „Die Ästhetik der Herrschaftsfreiheit“ ein interessanter Prozess des Kennenlernens sowie Wieder- und Neubewertens der vielen und abervielen Songjuweloptionen. „Hell Money“ reiht sich gewissermaßen ein, klingt ein bisschen so, als wären einige Offerte übergeblieben. Oder zumindest nach der Fortführung einer bestimmten Kompositionsidee, wenn auch mit teils anderen Mitteln.

Nach dem hörspielhaften Einstieg, dem schon von der EP her bekannten „Fester“ und dem, siehe obige Erläuterung, sehr geschickt arrangierten „This Silver Coil“ ist „Rough Magic“  der erste wirklich sogleich vereinnahmende Song. Zumindest im Sinne der Leidenschaft und Steigerungsfähigkeit, die aus dem ruhigen Moment heraus Jeromes Stimme die volle Ladung Emotionalität zu entlocken vermag. Eine Kerbe, in die auch, auf noch sentimentalere und ruhigere Art, „Tightrope Walker“ schlägt. Nicht unbedingt was Neues, aber eine Art neu verhandelter Rome’scher Kernkompetenz und somit wohl die Rome, auf die sich fast alle einigen können.

Dann ist da das rauere und aus wenig viel machende „Amsterdam, The Clearing“, das ebenso exemplarisch für oben beschriebenes Arrangementgeschick stehen könnte, ein kurzes und prägnantes Fragment, das einem, vor allem auch durch den Bruch zum Finale hin, nach und nach stärker ins Ohr kriecht.

Überhaupt ist es die raue Seite, die das Album erst abrundet. Denn so richtig spannend wird dieses just in jenen Momenten, in denen Jerome Reuter zu einem verschleppten, irgendwo zwischen Tom Waits und Sixteen Horsepower liegenden Blues findet. Bei dem stimmlich verfremdeten, introvertierten „Pornero“. Oder beim verbissen wütenden „Golden Boy“. Da wird etwas angedeutet, das noch Bedeutung für die Weiterentwicklung von Rome erlangen könnte.

Das Entschuldigungslied „The Demon Me“ macht den Abschluss eines Albums, das im Vorfeld als Abbild der Zerrissenheit und auch bösen Seite Jerome Reuters angekündigt war, was zum Teil anklingt, aber sicher nicht die dominierende Note ist. Rome gehen auf ihre Art und Weise  ihren liedermacherrischen Weg weiter, gehen den schmalen Grat zwischen Alben, die unverwechselbar sind und sich doch eigenständig abheben. Zwischen Songs, die es einem leicht machen, sie zu mögen und die dennoch erarbeitet und geschätzt gelernt werden müssen.

Genau da reiht sich „Hell Money“ ein, es ist nicht das beste, nicht das schlechteste Rome-Werk, sondern einfach das, was es ist, ein wohl durchdachtes, eigenes Kapitel in einem der wohl ergiebigsten Bücher, das zurzeit rund um den Neofolk geschrieben wird.

Trackliste

  1. Tangier Fix
  2. Fester
  3. This Silver Coil
  4. Rough Magic
  5. Among The Wild Boys
  6. Amsterdam, The Clearing
  7. Silverstream
  8. Tightrope Walker (Wild Milk)
  9. Pornero
  10. Golden Boy
  11. Red-Bait
  12. The Demon In Me (Come Clean)
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