Ach, du heilige Unheiligkeit, da rumpelt und poltert es im Hexenkeller! Oder im Verlies? Oder im Gemach des entrückten Alchemisten? Oder am Altar des Magiers, der sich in einer entlegenen Ruine verschanzt hat, um reichlich frisches Opferblut zu zapfen? Egal, Hauptsache das Blut wird in die richtigen Bahnen gelenkt und fließt, wie im vorliegenden Fall, in die Frischblut brauchende Okkult- bis Neofolk-Ecke.
Kinit Her schaffen diese Frischbluttransfusion, indem sie ordentlich querschießen. Asynchron und synkopisch in mittelalterliche Tänze und Gesänge verfallen. Außerweltliche und gutturale Anbetungen intonieren. Kettengerassel und Mauergeschabe zur rhythmischen Unterlage anschwellen lassen. Letztendlich wie eine avantgardistische Mischung aus The Soil Bleeds Black, Sangre Cavallum und den Residents klingen.
Die Songarchitektur wechselt zwischen strengem Aufbau und Improvisation, baut auf und zerfließt, stampft und wabert. Die Vocals beschwören, lamentieren, preisen an, haben dann wieder höfisch hymnischen Charakter. Der orchestrale Teppich wird nie zu weich und bildet ein punktuell flimmerndes Flickenwerk mit den auf und ab wogenden Synthesizer-Arrangements. Dazwischen tröpfeln Glocken, Klavier und perkussive bis geräuschorientierte Akzente ein. Der Paukenschlag hat hier eine eigene Ernsthaftigkeit, die alles andere als (wie sonst in dem Genre üblich) pathetisch ist. Alles spricht eine Sprache, die neu und fremd ist und dennoch eigenwillig vertraut klingt.
Inhaltlich bewegen sich Nathaniel Ritter und Troy Schafer auf klassischen Neofolkpfaden, verorten ihre mystischen Textgeflechte im frühen 20. Jahrhundert, bei der Literatenbewegung der Kosmiker und dem laut Hugo von Hofmannsthal „grandiosen Verkannten“ Rudolf Pannwitz. Mit diesem Hintergrundwissen mag man den Grundcharakter dieser anschmiegsam widerspenstigen Musik noch einmal anders bewerten, entdeckt die eine oder andere (post-)romantische Note; doch der erste, soll heißen: der okkult-magische, Eindruck bleibt.
Gäbe es zu Walter Gilmans Träumen im Hexenhaus eine Begleitmusik, könnte sie genau so klingen wie vorliegendes Album. Eine Musik, die in andere Zeiten und Dimension zu versetzenden vermag. Kinit Her - Hofmusikanten eines obskuren Königreichs, das es zu bereisen gilt.
Trackliste
- Feast of Death I
- The Poet & the Blue Flower
- Reconcile
- Silence, My Song I
- Feast of Death II
- As Old As Day and Night Together
- A Dome Surrounds
- Silence, My Song II
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