Mit Verwunderung habe ich die letzten Monate auf einer recht bekannten Internet-Plattform Aufregung, Begeisterung und Wehmut um Album, Auftritte und eine kolportierte "endgültige" Auflösung einer Band mitverfolgt, deren Name mir kaum bis gar nicht geläufig war.
Mir geschieht das immer wieder - Bekannte und Freunde sind ganz hin und weg von etwas, das mir überhaupt nichts oder nur wenig sagt. Und so war das auch mit Passion Play.
Soweit ich den Ergebnissen meiner aufwändigen Recherche Glauben schenken darf, stammt die erste Veröffentlichung, eine EP namens "Name No Names" nämlich aus 1998.
Ein Album erschien im Jahr darauf, "Stress Fractures", und laut Aussage vertrauenswürdiger Menschen hat das irgendwo eingeschlagen wie Bombe. Danach kam "Dreaming Spikes", daraufhin eine halbherzige Auflösung der Band, und dann nichts mehr.
Nun also, und das ist das Bizarre, das mir hoffentlich bald einmal jemand erklärt, entschließt sich Justin Stephens, Kopf der Band, 11 Jahre nach der letzten Veröffentlichung, Passion Play "so richtig" aufzulösen. Mit gehörigem Aufwand wird aber - entgegen der üblichen Praxis - neu aufgenommen, es werden Konzerte gespielt, zu diesem Zweck auch Live-Bandmitglieder gesucht, und alte und neue Stücke aufgenommen um sie auf dem hier vorliegenden Album "The Final Act" zu veröffentlichen. Man hat hier also einen recht ungewöhnlichen Weg gewählt, um so richtig Schluß zu machen.
"The Final Act" entpuppt sich auf jeden Fall als gelungene Anthologie - die wichtigsten Lieder der Band finden sich hier dank exzellenter Produktion in einem hervorragenden Gesamtwerk zusammen. Als "Best Of" ist das Album trotzdem nicht zu verstehen:
Dreaming Spikes ist für mich immer noch ein rundherum gutes Album, mit dem ich sehr zufrieden bin. Neben der Tatsache, dass die ersten beiden CDs zwischenzeitlich ausverkauft sind, konnte ich mir etliche der enthaltenen Stücke schlichtweg nicht mehr anhören. Ich mag meine Stimme in diesen Aufnahmen einfach nicht. Heute, mit mehr Erfahrung und auch mehr Gelassenheit, denke ich, dass die neuen Version dem wahren Potential der Stücke weitaus mehr Rechnung tragen.
"Saints", der Opener, ist dann aber auch gleich ein tolles Stück! Unaufgeregt, traditionell, sehr melodiös und eingängig, kein auch nur irgendwie aufgesetztes Gehabe, äußerst sympathisch, und ein gehöriger Ohrwurm noch dazu, spätestens beim Refrain ist man gefangen in der eigentlich gar nicht so düsteren Klangwelt von Passion Play.
Wie auch bei "Name No Names", das mir allerdings zu Neunziger Jahre ist (eine für mich nicht wirklich ergiebige Zeit, was Veröffentlichungen betrifft - daher wohl auch meine Unkenntnis über die Band), sowie "Drift", alle drei von der 1998'er-Veröffentlichung - hier wurde wunderschöner Goth Pop erzeugt, unprätentiös, leidenschaftlich und verspielt - huch! Da ist wohl der Name Programm!
Weiter geht es mit Stücken von "Stress Fractures", ursprünglich knapp nach dem Erstlingswerk erschienen. In ähnlicher Manier, aber meiner Meinung nach wesentlich ausgefeilter präsentieren sich Lieder wie "Sight For Sore Eyes" oder das großartige "Falling Upwards" ein wenig "härter" vom Sound her - und trotzdem bleiben es die sanft intonierten Vocals, die dominieren - man hat hier erfolgreich einer potentiellen Versuchung widerstanden, Justin Stephen's Gesang die Show zu stehlen, und das zeichnet nicht nur diese Songs aus, sondern spricht auch für die Aufnahmen an sich, mit denen das Konzept hervorragend transportiert und umgesetzt wurde - es kommt auch nicht von ungefähr, dass alles so in sich schlüssig und ausgewogen klingt: Justin Stephens hat das ganze Album selbst eingespielt.
Das letzte Drittel des Albums besteht aus neueren Stücken - zwischen 2002 und 2005 geschrieben, und wieder kann man eine Steigerung im Songwriting ausmachen, obwohl die Komplexität der Songs nicht unbedingt zunimmt.
Das Schlußstück, "Bullet", hält trotz der unaufdringlichen Vocals noch ein gehöriges Stück Räudigkeit parat, was dem Song Ecken und Kanten verleiht - für mich, gemeinsam mit dem Opener das beste Stück auf dem Album!
Was bleibt von Passion Play? Auf jeden Fall ein großartiges Abschiedsalbum, und die Hoffnung, dass Justin Stephens sich mit seinem angekündigten neuen Projekt nicht allzuweit von seiner hier präsentierten Vision entfernt!
Download und Infos: http://aufnahmeundwiedergabe.bandcamp.com/album/the-final-act
Trackliste
- Saints
- Name No Names
- Drift
- Sight For Sore Eyes
- Falling Upwards
- The Lesser One
- Down To You
- Get What You Ask For
- Feel Fire
- Stop Me
- As Above, So Below
- While You Were Sleeping
- Bullet
Kommentare
ich muss sagen, Down To You gefällt mir von der Stress Fractures besser, als auf der Final Act... ansonsten ein sehr gelungenes Album, finde ich.