
Karl Bartos muss man nicht mehr vorstellen. Von 1975 bis 1991 war er Mitglied der Elektronik-Legende Kraftwerk und hat mit seinen elektronischen Drums für Generationen einen Sound geprägt. Frustriert vom minimalen Output der Band verließ er Kraftwerk, um eine Solokarriere zu starten. Viel mehr hat er dabei aber auch nicht zustandegebracht; gerade mal 4 Alben sind seit Anfang der Neunziger erschienen.
Zuerst unter dem Namen Elektric Music aktiv, erschienen zwei eher käsige Synthpop-Scheiben, die deutliche Anleihen bei Kraftwerk nahmen, bei weitem aber nicht an die Qualität derselben herankamen. 2003 erschien "Communication", die erste Platte unter Bartos eigenem Namen. Obwohl der Karftwerk-Einfluss immer noch mehr als deutlich war, überzeugte die LP aber durch schnelle, poppige Songs, danach war es wieder 10 Jahre still.
Auf Bureau B, dem deutschen Label mit Monopol-Stellung, was Krautrock und experimentelle deutsche Klänge angeht, ist nun das vierte Soloalbum erschienen. Zusammengefasst ist "Off The Record" quasi eine Kraftwerk-Platte ohne die drei anderen Mitglieder. Jede einzelne Nummer kann man einem Kraftwerk-Song zuordnen. Jeder einzelne Sound könnte von einem Kraftwerk-Album stammen. Natürlich stellt sich hier die Frage, ob das nicht ein bisschen einfallslos ist. Man könnte ja durchaus einem gewissen Stil treu bleiben, ohne aber wie ein Klon zu klingen. Andererseits hat Bartos viele Kraftwerk-Klassiker auch mitkomponiert. Er kopiert also nicht jemanden anderen, sonderN sich selbst. Innovativ ist das nicht, Spaß macht es aber allemal.
Die Songs im einzelnen:
Der Opener "Atomium" zeigt gleich, wo es langgeht. Thematisch ist man sich selber treu geblieben. Eine Hommage an den Futurismus der Vergangenheit, ganz genau so wie zum Beispiel beim Trans-Europa-Express. Musikalisch überraschend frisch. Bei "Nachtfahrt" fühlt man sich zum ersten Mal um 35 Jahre zurückversetzt. Textlich nahe an "Autobahn". "Musica Ex Machina" wurde gemeinsam mit Bernard Sumner (New Order) und Johnny Marr (The Smiths) geschrieben. Anhören kann man das dem Song kaum, am ehesten beim instrumental break, wo sich ein paar New Order Sounds einschleichen. Der Break selbst erinnert stark an "Musique non Stop" (der Titel übrigens auch). "The Tuning of the World" ist eine sympathische religiös-philosophisch geprägte Ballade. "Rhythmus" klingt wie ein Remix von Computerwelt. Man könnte sogar Computerwelt beim Refrain mitsingen. Trotzdem eine der besten Nummern des Albums. Mit "Hausmusik" kommen noch einmal neue Retro-Klänge zum Einsatz.
Und was ist das Resumee? Schwer zu sagen. Einerseits ist jede Platte, die einen für das endlose Schweigen von Kraftwerk entschädigt, eine Freude. Andererseits könnte sich Herr Bartos doch ein wenig mehr von seiner Vergangenheit emanzipieren. Im Endeffekt bleibt ein gemischtes Erlebnis über - man hat eine Platte vor sich, die man zwar gerne hört, die aber trotzdem ein komisches Gefühl von Deja-vu hinterlässt.
Atomium
Website: www.karlbartos.com
Trackliste
- Atomium
- Nachtfahrt
- International Velvet
- Without A Trace Of Emotion
- The Binary Code
- Musica Ex Machina
- The Tuning Of The World
- Instant Bayreuth
- Vox Humana
- Rhythmus
- Silence
- Hausmusik
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