Nachdem ich jahrelang versucht habe, einem depressiven Menschen zu helfen, hier mal kurz zusammengefaßt, was ich daraus gelernt habe:
Aktionen wie radfahren in der Sonne oder in spazierengehen im Zoo etc. konnten manchmal kurzfristig eine leichte Besserung schaffen - wenn man es mal geschafft hat, den betreffenden Menschen dazu zu bewegen. Langfristig gesehen war es für den Betroffenen vermutlich hilfreich, daß ich ihm viele Dinge abgenommen habe, die er in den schlimmsten Phasen selbst nicht geschafft hat, z.B. Einkaufen, mit der Hausverwaltung verhandeln, Behördenwege,... Denn wenn sehr wichtige Dinge ganz liegengeblieben sind oder ihn das tägliche Lebenzu zusätzlich gestresst hat, ist es noch schlimmer geworden, durch das Gefühl, nichts mehr auf die Reihe zu kriegen und daß alles über ihm zusammenschlägt wie eine Welle, unter der man ertrinkt, während man sich nicht bewegen kann. Für mich gab es allerdings das Problem, daß mich mit der Zeit selbst die Verzweiflung gepackt hat, und daß ich das Gefühl hatte, all meine Energie fließt ab, wie in ein großes schwarzes Loch, ohne eine echte Besserung bewirken zu können. Und das ist dann natürlich auch kontraproduktiv...
Was ich für mich selbst daraus gelernt habe:
- Es gibt keinen Trick um zu helfen.
- Wenn irgendwas hilft oder zu helfen scheint, ist das ein Grund, über diese sonderbare Anomalie positiv überrascht zu sein und sich daran zu erfreuen, denn jede kleine Freude sollte man als Angehöriger genießen, solange man kann.
- Das Wesentliche für mich für die Zukunft ist, mich nicht nochmal emotional zu sehr zu involvieren, um selbst in akzeptablem Zustand zu bleiben.
Weiters:
- Es gibt in Wien Sozialarbeiter, die praktische Hilfe übernehmen können.
------------------------
Aber mal was anderes: Ab wann darf man wohl sowas sagen wie "Ich kenn das, ich war auch schon mal depressiv"? Darf man das nie, niemals? Darf man das erst, wenn man von einem Arzt als klinisch depressiv diagnostiziert wurde? Oder wenn man einen Selbstmordversuch hinter sich hat?
Ich behaupte jetzt mal, Depressionen sind im Gegensatz zu einem eindeutig gebrochenen Arm was graduelles und ganz abgesehen davon gibt es sicher viel mehr Leute, die in irgendeiner Weise Probleme damit haben oder schon mal hatten, als es medizinische Aufzeichnungen darüber gibt...