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Hard Rhythmic Electronics - so bezeichnen die britischen Elektropioniere Portion Control ihren Stil und treffender könnte die Bezeichnung nicht sein. Gegründet 1980 in London, brachte die Band bis 1986 kontinuierlich großartige Alben irgendwo zwischen EBM und Industrial heraus. Ihr Meisterwerk von damals, "I staggered mentally", gehört bis heute an die Spitze jeder Liste von unterbewerteten Alben. Erschienen auf dem Label In Phaze, das sie sich mehr oder minder nur mit den Legendary Pink Dots teilten, geriet die Platte schnell zu Unrecht in Vergessenheit. Nach dem Wechsel zu Illuminated, einem eigentlich äußerst qualitätsvollen Label, auf dem unter anderem Platten von Throbbing Gristle, Sex Gang Children oder 400 Blows erschienen, wandte sich die Band poppigeren Klängen zu, die allerdings durch Sänger John Whybrews raue Vocals kontrastiert wurden. 1988 erschien dann noch eine Live-Mini LP in enttäuschender Soundqualität, danach wurde es ruhig um die Band, die sich in mehrere Seitenprojekte zersplitterte (Solar Enemy, Mordant Music, Johnson Engineering Co.).

16 Jahre später meldeten sich Portion Control plötzlich zurück. "Dissolve", ihre erste CDr nach der Reunion, konnte man nach dem ersten Abspielen noch 66 Tage hören, danach löste sie sich auf. Mit "Wellcome" erschien dann im selben Jahr noch ein Doppelalbum, das zu einem Großteil aus instrumentalen Tracks bestand, bis mit "Filthy White Guy" zwei Jahre später ein "richtiges" Portion Control-Album erschien, vollgepackt mit großartigen, harten Elektrobeats und Whybrews unverkennbaren Vocals. Stilistisch sind Portion Control komplett zu ihren Wurzeln zurückgegangen. Natürlich klingt ihre Musik heute moderner, zeitgemäßer, aber es dominieren harte Sequenzer-Riffs und tanzbare Beats. Porcon haben nicht den Fehler vieler EBM-Bands gemacht, amerikanischen Industrial in ihre Musik einfließen zu lassen, siehe Ministry oder Front Line Assembly. Glücklicherweise haben sie sich auch dem Techno nicht so traurig angenähert, wie das Front 242 heutzutage tun. Portion Control liefern auch heute noch hard rhythmic electronics ab, ohne Schnickschnack, ohne ein Schielen auf andere Musikstile.

Mit "Violently Alive" haben sie nun ihr viertes Album seit der Reunion veröffentlicht. Die Akzente, die sie mit den neuen Versionen alter Songs auf dem Sampler "Crop" gesetzt haben, werden hier konsequent weiterverfolgt. Der Pop ist komplett verschwunden, die Härte hat zugenommen. Portion Control lassen ihre ehemaligen Weggefährten weit hinter sich und bringen ein weiteres Album heraus, mit dem sie ihre Vorrangstellung im Bereich EBM/Industrial unter Beweis stellen. Auch Referenzen an die Achtziger Jahre (wie zB von dem Human Puppets) fehlen hier komplett. Stattdessen gibt es zeitlose Musik einer wegbereitenden Band, die hoffentlich irgendwann einmal die Aufmerksamkeit bekommen wird, die sie eigentlich verdienen würde.

Trackliste

  1. Icon
  2. Relapse
  3. Skull Kid
  4. Amnesia
  5. Blood Loss
  6. Addiction Rising
  7. Rise
  8. Waste
  9. Guided By My Fear
  10. Extraction
  11. Stealth
  12. Swollen
  13. You Hold Me Down
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