Schon allein das von Multimediakünstler Petulia Mattioli gestaltete Cover, das den OWLS- Schriftzug als zoomorphe Arabeske auf hölzernem bis metallischem Hintergrund thronen lässt, deutet an, welcher Weg hier eingeschlagen wurde, bringt zum Ausdruck, dass bei vorliegendem Werk Welten zusammengeführt wurden .Welten, die nicht unbedingt von jedem als zusammengehörend empfunden werden, deren Zusammenwachsen aber, zumindest von meiner Seite aus, überfällig war. Welten, die man am ehesten an den Begriffen Tradition und Moderne, Akustik und Elektronik, Rückbesinnung und Vorausschau festmachen könnte.
OWLS sind niemand geringerer als die wohl nicht weiter vorzustellenden Schwergewichtler Eraldo Bernocchi und Tony Wakeford, sowie der italienische Experimentalmusiker und Vokalakrobat Lorenzo Esposito Fornasari. Ein prickelndes Konglomerat aus ebenjenen Zutaten, die die Protagonisten aus ihrem bisherigen Schaffen mitbringen. Wakeford, der auf eine Art und Weise, die nur er zu bieten hat und die er in den letzten Jahren als originäres Stilmittel für sich selbst herausgearbeitet hat, für Songwriting und Neofolkanleihen einsteht. Fornasari, experimenteller Pendler zwischen Kabaretteskem, Jazzigem und Ragga- bis Obertongesang. Und als Bindeglied zwischen diesen Universen Bernocchi, der sich im Laufe seines Musikerdaseins aus seinen Industrial-Wurzeln heraus umtriebig in mannigfache Musiksprachen und Stile hineingespielt hat, mit Projekten wie SIMM oder Equations of Eternity nicht zuletzt auch in jene von Illbient-Dub und dekonstruierter Hip Hop-Syntax – rhythmischer Unterbau auch bei OWLS . Bernocchi zeichnet auch für die mehr als einwandfreie und saubere Produktion; neben der heutzutage obligaten elektronischen Hin- und Herschickerei wurde auch eine Woche lang bei einem persönlichen Zusammentreffen in seinem Studio in der Toskana aufgenommen – Zitat Tony Wakeford: „A week in Tuscany, a living hell, I still bare the scars.“.
Herausgekommen ist ein glasklarer Electronica-Teppich, melancholisch und unheimlich in seiner Grundstimmung, voll mit knallharten Beats und Ambientelementen, der allen anderen Zutaten gleichberechtigten Raum gewährt. Monolithische E-Gitarren schneiden durch Trip Hop-Beats. Akustische Neofolk-Gitarre legt sich über Dub-Delay und Western-Gitarre neben Bassline. Wakefords angenehm larmoyanter Gesang (auch bei diesem Projekt schrammt dieser nur wenige Male an jenen Tönen und Lagen, die er sich, weil er sie eben nicht so gut beherrscht, in den letzten Jahren glücklicherweise abgewöhnt hat, haarscharf vorbei) zerrt wuchtige Schlagzeug-Synkopen noch weiter Richtung Moll. Und Fornasari steuert punktuell eine nicht unwesentliche Brise Wahnwitz bei.
Die Songs sind klangbildlich homogen und eindeutige Eulen, dennoch aber Stück für Stück souveräne Unikate. Der Titeltrack beispielsweise stampft in intensiver Wuchtigkeit auf - zu lieblichem Glockenspiel und düsterer Gitarrenhärte gesellt sich einprägend monotoner Sprechgesang. Der flockige Dub von „Idiot’s Waltz endet mit einer italienischen Manegen-Vokalboshaftigkeit Fornasaris. „Come Back“ steigert sich von neoklassischer Traurigkeit in ein noise-verzerrtes Stimminferno. „We Took This Land“ widmet sich machiavellistischen Politkonspirationen gedanktem Kulturpessimismus. Wenn Wakeford beim düster wavigen „I Am„ mit „the fly has its ointment, the maggot has its meat“ einsetzt und sich in weiterer Folge als Leiche am Hochzeitsfest oder berstender Abszess durchdekliniert, fühlt man sich nicht nur des Textes wegen an Alien Sex Fiend erinnert. Wie auch sonst immer wieder eine Brise Post-Punk alter Schule durchschimmert - „The New Parade“ in etwa könnte durchaus als Coverversion eines verschollenen Ian Curtis-Songs durchgehen.
Der langen Rede kurzer Sinn abermals in Tony Wakefords own words: „I think the record sounds great, production wise. I am nauseatingly proud to be part of OWLS.” Und eine freudenerweckende Ankündigung hintendrein: "We met at the 2010 WGT, so it's fitting that we shall play our first concert there, in 2011.” Man kann schon gespannt sein, wie die Live-Umsetzung gelingen wird und ob die drei Herren, was stark zu hoffen wäre, zu Wiederholungstätern werden.
Trackliste
- Hide And Seek
- The Night Stays
- God Is Right
- Come Back
- Idiot's Waltz
- The New Parade
- I Am
- We Took This Land
- Strange Kind Of Beauty
- All Gone
Kommentare
Danke. Habe schon etwas eingehört. Kling ja sehr interessant.
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da gibts einen player ;-)
Schade das man da noch nirgends online reinhören kann. Hat wer einen Link mit Hörproben?