cover front

Steven Stapleton, das einzige fixe Nurse With Wound-Mitglied, hat im Laufe seiner 30-jährigen Karriere schon viele künstlerische Wandlungen durchlebt. War das erste Album noch eine Übung in psychedelisch-sägenden Gitarren, so ging man bei Album Zwei und Drei in Richtung Musique Concrete. Danach folgte eine Flut von wirklich exzeptionellen Platten, hervorgehoben seien "Homotopy to Marie", "Spiral Insana" und "Gyllensköld Geijerstam and I at Rydberg's".

In den Neunzigern begann man, zeitgleich mit der Beförderung von Colin Potter vom Toningenieur zum fixen Bandmitglied, sich gefälligeren Sounds zuzuwenden. Staven Stapleton sagte mir damals bei einem Treffen in London, er arbeite gerade an einer Dance-Platte. Nun, die Bezeichnung trifft den Nagel vielleicht nicht direkt auf den Kopf, aber "Rock'n'Roll Station" war bis dahin das kommerziellste, was diese Band jemals veröffentlicht hatte. Der Titeltrack, eine Coverversion einer Nummer von Jacques Berrocal, wurde mit einem fast-schon-Hip Hop-artigen Beat unterlegt, das oft angedrohte und immer noch in Produktion befindliche Rap-Album ist aber bisher nicht erschienen. Gott sei Dank, möchte man meinen, aber wer weiss, was Herr Stapleton seinen Rapperinnen musikalisch antut. Vielleicht wird es ja der große Wurf.

In der jüngsten Bandgeschichte sind die Top-Alben leider ein wenig dünner gesät. "Salt Marie Celeste" war der letzte Meilenstein dieser Band. NWW übertrafen damit ihren britischen Komponisten-Kollegen Gavin Bryars, der mit "Sinking of the Titanic" zuvor schon ein hypnotisches Werk geschaffen hatte, das einen in die Tiefen des Meeres zu ziehen schien. Auf "Salt Marie Celeste" hingegen hörte man das Knarren der alten Holzbalken, das Rauschen der Wellen, und manchmal hatte man schon den Eindruck, vom Schaukeln auf den Wellen schwindlig zu werden.

Sonst gab es aber leider nicht viel Überwätigendes zu bejubeln im Stapleton'schen Musikuniversum: "Angry Eelectric Finger" war eine Kollaboration mit Irr App Ext, Cyclobe und Jim O' Rourke. Jeder der drei lieferte einen eigenen Mix vom Ausgangsmaterial ab, allerdings hatten nur Cyclobe den Mut, das Album radikal zu verändern. O' Rourke und Irr App Ext bewegten sich brav in großer Nähe des Originals, was das Projekt nicht allzu spannend machte. "Huffin' Rag Blues" war ein witziger Versuch, die Lounge-Liebe von Stapleton und Andrew Liles in das Nurse'sche Oeuvre einfließen zu lassen. Was am Anfang witzig klang, spielte sich schnell ab, und was blieb, waren viel zu lange Strecken von Füllmaterial, so wie etwa ein über fünf Minuten langes Schafblöken und Kuhmuhen am Ende einer Nummer. Mit "Surveillance Lounge" erschien dann wieder ein traditionelles Nurse-Album, allerdings fehlten neue und originelle Ideen, und das ganze klang wie ein Liles-Remix altbekannter NWW-Zutaten.

Nun liegt wieder ein neues Album vor (bitte schnell lesen, denn es ist bereits ein weiteres heraussen, man kommt mit dem Anhören gar nicht mehr nach), es heisst "Space Music" und ist offensichtlich der Soundtrack zu einem Projekt des Planteariums von Melbourne. Die Musik stammt hier von Stapleton, Liles und Potter und beginnt mit sechs bis sieben Minuten Ambientsounds, durch die sich störend-scharrende Geräusche ziehen. Danach driftet die Musik in ein fast nicht wahrnehmbares Fiepsen ab. Ich nehme mal an, dass das die Größe und Weite des Universums und die Sounds, die die Planeten auf ihrer Umlaufbahn machen, abbilden soll. Das ist auf Platte allerdings ein bisschen wenig. Wenn man nicht direkt am Laustprecher sitzt oder gar ein Fenster geöffnet hat, wird man sich nach kurzer Zeit wundern, ob die CD schon aus ist. Am Ende der 55-minütigen Komposition piepst es dann noch einmal ganz kurz lauter, ein Lebenszeichen quasi, dass man hier noch nicht fertig ist. Ist die Spielzeit dann zu Ende, bleibt ein schales Gefühl über. Wozu fadet die Nummer über eine Dreiviertel Stunde aus, ohne auch nur irgendein geringstes Anzeichen von Variation? Warum hat man nicht einfach eine Single aus dem Stück gemacht? Und schließlich: wozu braucht man dafür eigentlich 3 Leute? Ein Computerprogramm und eine Ein/Aus-Taste hätten dafür eigentlich auch genügt.

Wertung: 1/5


(EiN Clip aus besseren Zeiten)
 

Trackliste

  1. Space Music
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