cover front

Von Boyd Rice mag man halten, was man möchte - unbestritten ist jedoch sein Einfluss auf die Industrial- und Noise-Szene, und seine Kompromißlosigkeit in der Erkundung von Grenzbereichen.

Back To Mono ist für Boyd Rice alias NON ein Schritt zurück, zu den eigenen Anfängen - und die Beweisführung, dass das von ihm geschaffene Genre noch lange nicht abgehandelt ist:

Back to Mono was my attempt to demonstrate that the genre I created still had room to grow; that it could still be re-imagined.

Produziert von Wes Eisold - seines Zeichens Kopf von Cold Cave (ich hab ja schon einmal über das seltsame Doppelleben des Herren geschrieben) - ist Back To Mono genau das: Eine nahtlos und homogen wirkende Zusammenstellung von neuem und altem Material, manchmal mit mehr als 30 Jahren Altersunterschied (wenn auch teils neu aufgenommen, aber wohl mehr aus Qualitäts- denn aus Aktualitätsgründen).

“I was doing sample-based music about a decade before the advent of samplers, when everyone else was using bass, guitars, keyboards and drums. It has been said that I invented the first sampler. Perhaps I did. At the time I called it the N.M.U. (or noise manipulation unit). It allowed me to essentially sample numerous tracks of noise and mould them into rudimentary rhythms. This was my principle instrument for a good many years and can be heard on Back to Mono, in the late 70’s archival recordings.

Mit dem Versuch, die Aufmerksamkeit wieder auf Rice's ursprüngliches Schaffen zu lenken, geht allerdings auch die Erkenntnis einher, dass - so großartig die Tracks auch sein mögen - wir hier eigentlich eine Compilation vorliegen haben, die zu einem guten Teil aus Stücken aus den späten Siebzigern besteht - "Watusi" etwa (1978), oder "Scream" (live 1979).

Repetitive Noise-Elemente, wie Rice es zu Anfangszeiten perfektionierte, dominieren die ersten zwei Drittel des Albums, bis mit der Reprise des Openers, "Turn Me On, Dead Man" ein Bruch stattfindet - ein Dark Ambient-Ungetüm, grandios produziert und in seiner Unterschwelligkeit massiv bedrohlich wirkend.

Dann, plötzlich: "Fire Shall Come", ebenfalls eine Variante des bereits 2004 auf "Wolf Pact" (als Boyd Rice & Fiends, mit - hey! gute alte Zeit! - Douglas P. und Albin Julius) veröffentlichten Noise-Stampfers. Sehr verwunderlich, wollte Rice doch eher sein Frühwerk präsentiert wissen. Ein Stück in gleicher Tradition wie "Total War", ein Tanzflächenfüller, so bizarr es klingen mag.

Dann beschließt die Coverversion von "Warm Leatherette" das mit den letzten beiden Tracks ein wenig aus der Bahn geworfene Album. Nur wenig verändert hat sich Rice dem Stück angenommen, das für ihn wohl eine Initialzündung dargestellt hat - kolportierterweise kaufte er sich die 7" von The Normal 15 Minuten bevor er Daniel Miller (The Normal, MUTE Records) traf. Damit hat dieses Stück ganz sicher besondere Bedeutung, und somit erübrigt sich jegliche Kritik an seiner Interpretation, die durchaus vorhanden wäre.

Mit Ausnahme der beiden letzten Stücke ein in sich schlüssiges Album, kompakt - obwohl die Stücke sicher auch länger sein könnten - und ein guter Überblick auf Boyd Rice's Schaffen.

Die Bezeichnung "new album" ist irreführend, "Compilation" wäre passender, aber trotzdem ein dank Wes Eisold hervorragend produziertes Album, mit einigen Gastmusikern wie Z'ev oder etwa Bryin Dall (Thee Majesty), mit Stücken von 1978 bis 2012.

Hier noch die Auflistung der Tracks und ihre Herkunft:

Turn Me On, Dead Man - Recorded in L.A., London and New York. A collaboration between NON and Z'ev. Produced by Boyd Rice and Bryin Dall; New York, July 2010.
Watusi - Unreleased studio recording from 1978. Recorded in Philadelphia 2009. Digitally remastered in 2010, for (believe it or not) "noise reduction".
Back To Mono - Recorded in 2009 at Cold Cave stiudios in Philadelphia.
Seven Sermons To The Dead - Recorded live in New York, 2009. Many thanks to Heartworm Press.
Obey Your Signal Only - Initial tracks recorded in studio Abscenta, Denver. Final mix completed in New York, 2010.
Man Cannot Flatter Fate - Recorded in New York, 2010.
Scream - Recorded live at the Whiskey a Go-Go, 1979. Many thanks to World Imitation.
Back To Mono (Live) - Recorded live in New York, 2009.
Turn Me On, Dead Man (Reprise) - More of the same, more or less. Z'ev and Boyd Rice.
Fire Shall Come - Originally released on NEROZ recordings. Recorded in Adelaide Australia at Big Sound Studio.
Warm Leatherette - Primary track produced by Bob Ferbreche at studio Abscenta in Denver. Finalized version produced by Boyd Rice and Bryin Dall in New York, 2010.

Quellenverweis: Zitate aus der MUTE Presseinfo, Track-Infos aus dem Booklet bzw. der discogs-Seite des Releases)

Trackliste

  1. Turn Me On, Dead Man
  2. Watusi
  3. Back To Mono
  4. Seven Sermons To The Dead
  5. Obey Your Signal Only
  6. Man Cannot Flatter Fate
  7. Scream
  8. Back To Mono (live)
  9. Turn Me On, Dead Man (Reprise)
  10. Fire Shall Come
  11. Warm Leatherette
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