cover front

Lebanon Hanover sind die in Berlin (edit: mittlerweile in London) residierenden Laurissa Iceglass und William Maybelline, die aufs Wesentliche reduzierten, frostig-minimalen Gitarren/Bass-Wave produzieren und dem aufmerksamen Leser hier schon das eine oder andere Mal entgegengesprungen sind, zuletzt auf der Future Echo-Compilation, aber auch mit dem Split-Tape auf [Aufnahme + Wiedergabe], gemeinsam mit La Fête Triste, sowie auf der ebenfalls hier besprochenen Death#Disco-Compilation, sowie aus der Darkness Before Dawn-Reihe.

Aufs Wesentliche reduziert ist auch "The World Is Getting Colder", das soeben auf dem Griechischen Fabrika Records-Label erschienen ist, und es beinhaltet auch eine neue Version des fantastischen "Totally Tot" - in dem man auch den Humor erkennt, der den beiden innewohnt und der sie so sympathisch macht, denn viele Bands von der kühlen Seite der Musik bestechen ja nicht gerade mit (Selbst-) Ironie und Charme.

Die zwischen Deutsch und Englisch alternierenden Texte sind unterkühlt, teils, äh, verschnupft vorgetragen, trotzdem melodisch und nicht nur unterhaltsam, sondern auch phasenweise ziemlich sarkastisch (wenn man sie so verstehen möchte). Bestes Beispiel dafür: "Kunst".

Der Gesang pendelt trackweise zwischen Iceglass und Maybelline hin und her, was sich ebenfalls sehr positiv auf Kurzweiligkeit und Vielseitigkeit des Albums auswirkt - hier wird kein abgekupfertes Konzept auf Albumlänge ausgedehnt, sondern breit gefächert und sich in verschiedenen Stilen ausgelebt.

Neben "Totally Tot" sind so einige Perlen auf dem Album zu finden, schon das Intro "Die World" ist ausgesprochen fein und stimmt textlich und musikalisch auf ein durchgehendes Konzept am gesamten Album ein - das sich auch in der Reihenfolge der Lieder widerspiegelt.

Insgesamt sind die Lieder abwechslungsreich und durchwegs tanzbar - aber auch schleppend-erdrückende Nummern finden sich ("Cannibal" und "Sunderland", am Ende des Albums) - die Melodien mittels Bass, Gitarre und Synthie sind minimalistisch und simpel gehalten, aber sehr eingängig, der Drumcomputer läuft geradlinig und treibend, alles in allem eine perfekt aufeinander abgestimmte Instrumentierung, die durch den oft im Hall stattfindenden Gesang eine ergänzende Weite erhält, die jedes Stück spannend hält.

Die im Schnitt drei- bis vierminütigen Nummern sind, jede für sich, Kleinode und sehr verführerisch, allen voran "No 1 Mafioso", "Sand", "Totally Tot", "Kunst"... nein, eigentlich alle. Ich könnte keines nennen, das negativ auffällt - gerade auch die beiden vorher erwähnten "Runterzieher"-Stücke passen sich perfekt ein.

Fazit: "The World Is Getting Colder" ist ein herausragendes Album des vielseitigen und ideenreichen Duos, das Minimal Synth mit recht ursprünglichem New Wave und einer gehörigen Portion Post Punk anreichert und somit veredelt. Empfehlung!

(Inoffizielle) Videos:

Trackliste

  1. Die World
  2. Ice Cave
  3. No 1 Mafioso
  4. Sand
  5. Totally Tot
  6. Kunst
  7. Die World II
  8. _
  9. Cannibal
  10. Einhorn
  11. Sunderland
Weiterführende Links