Als Österreicher, speziell als Wiener, ist einem die Morbidität und das Obskure ja fast schon in die Wiege gelegt. Nicht besonders überraschend ist es daher auch, dass gerade hierzulande auch in Kunst und Kultur eine bisweilen überaus stark ausgeprägte Nähe zu Düsterem und Absonderlichem existiert.
Die Aufarbeitung der auch im obskuren Bereich musikalisch ausgesprochen produktiven Achtzigerjahre ist noch lange nicht abgeschlossen. War das Interesse daran dank der Industrial-Renaissance Anfang der Neunziger Jahre noch einigermaßen stark, ist in den letzten 15 Jahren jedoch einiges wieder in Vergessenheit geraten.
So ist vielen gar nicht bewußt, dass es mit Nekrophile Rekords hierzulande eines der einflußreichsten Tape-Labels der Achtziger Jahre gab, das zwar über einen recht überschaubaren Katalog verfügt, aber bis heute noch so manchem ein Begriff ist.
Gegründet wurde Nekrophile Rekords von Michael DeWitt, der unter dem Namen Korpses Katatonik okkult beeinflußte experimentelle Musik kreierte, und sie auch 1983 auf seinem eigenen Label herausbrachte - "Sensitive Liberated Autistiks" hieß das Album.
Das war noch vor seiner wohl bekanntesten Veröffentlichung: "The Secret Eye Of L.A.Y.L.A.H." unter dem Namen Zero Kama - das bis heute als mysteriöses und obskures Meisterwerk gilt.
In der Bedeutung ähnlich gelagert ist das hier ja schon oft besprochene Label Klanggalerie, und es ist ein fast schon logischer Schritt, dass sich gerade Klanggalerie darum bemüht hat, das Gesamtwerk von Korpses Katatonik neu herauszubringen.
Fast 30 Jahre nach der Erstveröffentlichung von "Sensitive Liberated Autistiks" erfuhren die Aufnahmen ein Remastering - was ganz sicher keine leichte Aufgabe war - und sind als "Oeuvres Complètes" im März 2012 erschienen.
Als "Ritual Occult Industrial" würde man es vielleicht heutzutage bezeichnen, ich kann mich zwar nicht mehr daran erinnern, wie man solche Werke früher einordnete, zweifelsohne war die Hörerschaft aber eher im okkultistisch/aktionistischen Umfeld angesiedelt.
Mithilfe von Tape Loops und stark verfremdeten/verzerrten konventionellen Instrumenten schaffte DeWitt eine extrem düstere und angsterfüllte Atmosphäre, oft mit kreischenden Sounds, aber auch rituell-monotone Passagen finden sich immer wieder - Musik, die man heute als Drone oder Dark Ambient in wesentlich sterilerer Form wiedererkennt.
Irgendwo zwischen SPK, Throbbing Gristle, Esplendor Geometrico, ganz frühe Einstürzende Neubauten - aber um einiges kälter, "pathologischer" und kompromißloser, wie ich finde. Oft sind es Schmerzensschreie und extrem irritierende Töne, die das Hören zur geduldeten Tortur machen.
Wo bei zB den oben genannten Bands einfach auch zu vordergründig mit Schock, Skandalperformances und einstudierten Irritationen gearbeitet wurde, wirkt Korpses Katatonik auf beängstigende Weise viel authentischer.
Wer sich zum Beispiel bei "Enzephallik Mortuor" nicht wenigstens ein kleines bißchen in die Hose macht, der sollte sich vielleicht einmal fragen wie das sein kann...
Neun Tracks, knapp 55 Minuten lang ist die CD, die man sicher nicht so nebenbei hören kann - die einem aber ganz sicher für immer in Erinnerung bleibt.
Knappes Fazit: Ein Muss.
Trackliste
- Shatok
- Schmertzlabor
- Enzephallik Mortuor
- Nekom
- Kcock Transzplant
- Kaltfleisch Corporor
- Skarzisko
- Okzipital Slash
- Choronzon
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