
Neben seiner Rolle als Talking Heads Frontmann umfasst das Schaffen von David Byrne auch eine Solokarriere, aus der mit „The Knee Plays“ ein wichtiger Auszug wiederveröffentlicht wird. Die Knee Plays, 1985 ursprünglich konzipiert als Zwischenstücke zu den einzelnen Szenen in Robert Wilsons Bühnenstück CIVIL warS, entwickelten sich zu einem selbstständigen Werk, dessen musikalische Aufnahmen jetzt in Form von zwölf Originaltracks und acht Bonustracks (ergeben rund 80 Minuten Spielzeit!) wieder zu hören sind.
„The Knee Plays“ wird hauptsächlich von Blasinstrumenten dominiert, New Orleans, Brass und Gospel bestimmen die Instrumentalisierung, während David Byrne selbst bei sechs Stücken mit dem gesprochenen Wort auftritt. Die repetitive Musik unterstreicht dabei die nachhaltige Wirkung der ironisch-sachlichen Erzählungen, die Bühne entsteht im Ohr und vor dem geistigen Auge, das Kunstwerk schallt aus den Lautsprechern in den imaginierenden Geist.
In „Tree (Today Is An Important Occasion)“ wird von einer Frau erzählt, die in Anbetracht eines bedeutenden Ereignisses, das auf sie wartet, mit Bedacht ihre Garderobe wählt („‘The navy pullover and the woolen skirt / for discovering mystery.’“). Für die Protagonisten in „The Sound Of Business“ sind selbst die „Oldies“ aus dem Autoradio, darunter Talking Heads-Nummern („Listening Wind“!), „the sound of business being done“. Wer glaubt, die Bedeutungsdimensionen von Sozialstudien abschätzen zu können, wird mit „Social Studies“ wohl eines Besseren belehrt werden - denn die zuverlässigste Methode der Untersuchung ist wohl, selbst zu dem untersuchten Gegenstand zu werden... „(The Gift Of Sound) Where The Sun Never Goes Down“ ist Byrnes zauberhafte Liebeserklärung an den Ton, die allein in voller Länge wiederzugeben ist:
„Not everyone notices
As things drift slowly in and out of focus.
Being in the theater is more important than knowing what is going on in the movie.
The sound in the theater is very loud.
It builds up because it can't get out of the theater.
The actors talk.
We can still hear what they said a minute ago
This happens in any closed room...sound never leaves it
Until someone goes out to get some soda or popcorn.
Some conversations escape as people leave
And enter the lobby.
When the movie is over
And everyone leaves the theater
The accumulated sound leaves with them
And spreads out across the parking lot
To become forever part of the landscape
In no particular order.
The film is a gift to the surrounding community.“
„Things To Do (I've Tried)“ ist eine Liste, die es wert wäre, abgearbeitet zu werden (etwa „Number 11. Studying maps, inventing street names / Number 12. Scraping the garden / Number 13. Putting the garden in the house“), und mit „In The Future“dürfen wir in das (zeitlose) Widerspruchsglas des Wahrsagers blicken („In the future it will be next to impossible to tell girls from boys, even in bed. / In the future men will be “super-masculine” and women will be “ultra-feminine«. // In the future no one will fight with anyone else. / In the future there will be an atomic war.“)
Zusätzlich zum Original enthält das 2007 „The Knee Plays“-Album drei Instrumentalversionen der ursprünglichen Songs sowie fünf dem Kabuki (japanische Theaterform) entlehnte Klanguntermalungen. Eindringlich und kunstvoll wie Theater nur klingen kann.
Trackliste
- Tree (Today Is An Important Occasion)
- In The Upper Room
- The Sound Of Business
- Social Studies
- (The Gift of Sound) Where The Sun Never Goes Down
- Theadora Is Dozing
- Admiral Perry
- I Bid You Goodnight
- Things To Do (I've Tried)
- Winter
- Jungle Book
- In The Future
- Tree (Reprise)*
- I've Tried (Things To Do) (*Instrumental)
- Tic Toc 2 (In The Future) (*)
- Whisper (**Kabuki)
- Misterias (**)
- Faust Dance (**)
- Ghost (**)
- Super Natural (**)
Kommentare