Wenn wir nach Deutschland Anfang der 80er Jahre blicken, so ist die Liste nennenswerter „Goth“ Bands nicht allzu lang. Marquee Moon und X-Mal Deutschland zählen mit Sicherheit noch zu den bekannteren Vertretern ihrer Zeit. Danach geht es jedoch für viele mit dem Wissen um Bands aus dieser Zeit auch schon wieder steil bergab. Schade eigentlich. Denn unter vielen dieser unbekannteren Bands befinden sich wahre Juwelen, wenn ich es einmal ein wenig überspitzt formulieren darf.
Zu einer dieser Juwelen darf auf jeden Fall die 1983* in Hamburg gegründete Formation Calling Dead Red Roses gezählt werden, aus der sich nach ihrer Auflösung im Jahre 1985 die beiden bekannteren Bands Girls Under Glass und Cancer Barrack formieren sollten.
In der relativ kurzen Schaffensperiode von knapp 2 Jahren entstanden zwei Demotapes, die später als gleichnamige LP (1986) und unter dem Namen „1985“ als CD (1991) auf dem Label Strange Ways wieder veröffentlicht wurden. Eine Hinterlassenschaft, die die Band postum zu einem der wichtigsten Vertreter der (deutschen) „Goth Szene“ katapultierte. Und das zu Recht, denn dieses Machwerk kann an Düsternis und Ausdruck bis heute kaum von neueren Bands überboten werden.
Leiernde 80er Gitarren, dunkle Synths und ein prägnanter Gesang, der von klischeehaft in die Tiefe gedrückt bis hin zu heulend klagend den Hörer auf eine Reise der dunklen Emotionen einlädt. Assoziationen zu den frühen Sisters sind an dieser Stelle sicherlich nicht ganz verkehrt, wenngleich die Spielart von Calling Dead Red Roses an vielen Stellen deutlich langsamer und auch durchaus düsterer über die Bühne geht. So verwundert es nicht, dass mancherorts auch gerne die etwas ungewöhnliche Bezeichnung „Slow Goth“ oder auch „Half-Speed-Version der Sisters“ verwendet wird.
Im Ganzen hinterlässt die Scheibe aber einen äußerst erdigen und wunderbar düsteren Eindruck, der seinesgleichen sucht. Mit Sicherheit darf es zu einem dieser gewissen Alben gezählt werden, wo die so oft benutzte Floskel „darf in keiner Plattensammlung fehlen“ vollends zutrifft.
Anspieltipps oder Lieblingssongs zu nennen fällt hier reichlich schwer, kann das Album doch vom ersten bis zum letzten Lied vollends überzeugen. Hänger oder Lücken sucht man vergebens.
Dennoch möchte ich zum „Reinhören“ zwei Lieder herausnehmen, die einen ganz guten Eindruck über das Album vermitteln könnten: Zum einen „Short Story“, das bis auf den Schluss ganz ohne Gitarren auskommt, zum anderen das gleichnamige Lied „Calling Dead Red Roses“, das es im Übrigen auch auf die äußerst empfehlenswerte Samplerreihe „Godfathers Of German Gothic“ geschafft hat. (Zu dieser Samplerreihe vielleicht einmal mehr in einem anderen Review).
Eigentlich hätte es dieses Album definitiv verdient, die zusätzliche Wertung „essential“ zu erhalten. Da mir jedoch der relativ geringe Bekanntheitsgrad dieser Band leider einen Strich durch die Rechnung macht, muss sich das Album eben als „Geheimtipp“ begnügen. Das dafür aber mit vollen 5 Punkten.
*Das Gründungsjahr der Band ist leider etwas umstritten: So kursieren nebst dem hier im Review erwähnten Jahr 1983 auch noch die Jahre 1985 und 1981.
Trackliste
- Intro (Live) (5:24)
- Creeping Death (4:31)
- Irresistible Way (6:28)
- Calling Dead Red Roses (4:24)
- One Way Ticket (4:02)
- Forest (5:00)
- Short Story (4:37)
- Funfair (4:14)
- Love & Misery (Slow) (9:54)
- Straight Foreward (4:12)
- Cut (7:22)
- Cold Hands (5:06)
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