Matt Howden ist mit seinem Projekt Sieben seit Jahren Stammgast am Wroclaw Industrial Festival. Dessen Organisator Maciek Frett hat mit Aureliusz Pisarzewski eine ganz wunderbare Band namens Job Karma. Die beiden Musikprojekte könnte unterschiedlicher nicht sein: während Sieben, dem Neofolk entwachsen, wunderschöne Violinenloops bastelt und dazu mit seiner samtigen Stimme singt, liefern Job Karma harte Industrial-Rhythmen mit Anklängen an Techno oder EBM ab. Umso überraschender kommt daher die neue gemeinsame Band 7JK (Sieben - Job Karma).
Ihre Premiere feierte das neue Outfit am letztjährigen Industrial-Festival. Die Akustik der Kirche, in der das Konzert stattfand, ließ aber die Electro Beats der Polen leider ziemlich schnell im Raum verpuffen, und es blieb hauptsächlich Matt Howdens Violine und Gesang über. Daher hört man auf vorliegender CD, die im Mai auf Howdens eigenem Label "Redroom" erscheint, zum ersten Mal, wie 7JK richtig klingen. Der erste Eindruck beim Opener "Dirt City" bringt einen schnell zur Annahme, dass Job Karma hier dominant sein würden. Howden singt zu gewohnt harten Beats, von seiner Violine ist wenig zu hören. Doch schon bei der zweiten Nummer "Dear Claire" ist die Präsenz von Sieben deutlicher. Job Karma geben sich ungewohnt zahm, und umschmiegen Howdens Stimme und Violine mit sanfteren Klängen als gewohnt.
Im Laufe des Albums kommt man dann zum überraschenden Schluss, dass 7JK weder nach Sieben noch nach Job Karma klingt. Gemeinsam hat man eine eigene Ausdrucksweise gefunden, die weder an die eine, noch an die andere Band erinnert. Das Material ist zum großen Teil songlastig. Mehr als es Job Karma jemals waren. Nummern wie "Krau" lassen noch am ehesten alte Industrial-Zeiten durchklingen, doch der Großteil, wie zum Beispiel Matt Howdens Hymne an Job Karmas Heimatstadt "Wroclaw in the Rain", sind wunderschöne elektronische Pop-Songs mit ungewöhnlicher Instrumentierung. Der folkige Aspekt von Sieben wird dabei nicht mit Biegen und Brechen durchgezogen - es geht hier niemandem darum, zu dominieren, stattdessen fügt sich die Violine dort ein, wo sie hinpasst. Howden ist nicht der Typ für aufdringliche Soli, sein Spiel ergänzt das der beiden anderen perfekt, seine Stimme tut das gleiche.
Am überraschendsten ist auf diesem Album vielleicht die äußerst gelungene Cover-Version von OMDs "Maid of Orleans". Dem Original in nichts an Dramatik und Pathos nachstehend, erschaffen 7JK hier eine Version, die nah genug am Original bleibt, um den Song zu würdigen, aber gleichzeitig auch eine eigenwillige Interpretation darstellt. Howden scheint in letzter Zeit überhaupt Gefallen an Coverversionen gefunden zu haben, man denke nur an seine originelle und fabelhafte Version von Joy Divisions "Transmission" auf dem letzten Sieben-Album.
"Anthems Flesh" ist ein rundum gelungenes Debutalbum einer neuen Supergroup, von der man hoffentlich noch viel hören wird. Für Matt Howden Fans auch gleichzeitig eine willkommene Abwechslung zu seinem sonstigen Oeuvre, weil es einen komplett neuen Aspekt seiner Arbeit darstellt.
Trackliste
- Dirt City
- Dear Claire
- Krau
- Wroclaw In The Rain
- End Of The Year
- Organ Madness
- Boxed In Green
- Maid Of Orleans
- Planning For Zombie Apocalypse
- The World's Pain
- Anthems Flesh
- 47 Words For Sheffield
- Dirt Reprise
Kommentare
Habs letzte Woche bekommen..super Album....nur - gerade die Coverversion ist total unnötig..auch schon wie Transmission. ich evrsteh nicht wieso Leute Lieder von bands covern die man einfach nicht covern sollte.....gerade da sie nicht wirklich ne Neuinterpretation sind - im gegensatzt zu Hurt covered by Johnny Cash der es wirklich geschafft hat ne ganz eigene Note reinzulegen.
Ansonsten: TOP Album. Matt bzw Sieben werden aber auch imemr besser!!!!