Das Hradby Samoty in Brno fand bereits zum vierten Mal statt. Walter Robotka schildert seine Eindrücke.
THIS FESTIVAL IS DEDICATED TO THE HOLE
Zum vierten Mal fand heuer das Hradby Samoty Festival statt - diesmal in der Burg Veveri nahe Brünn, idyllisch oberhalb der Brünner Talsperre gelegen. Das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite, also sollte einem angenehmen Festival nichts im Wege stehen. Oder?
Das erste, was die geschätzt 200 Besucher der Burg heuer erwartete, war eine Schlange. Und zwar nicht einmal eine besonders lange. 10 Leute standen im Schnitt vor der Getränkebar. Dennoch wartete man zwischen einer halben und einer ganzen Stunde, um ein Bier zu ergattern. Ein "technisches Problem" (offiziell) und ganz außergewöhnliche Unfähigkeit der Mitarbeiter (inoffiziell) führten dazu, dass das Zapfen eines Bieres an die 10 Minuten dauerte.
Musikalisch teilte sich das spannend klingende Line-Up auf Freitag und Samstag auf. Den Beginn machte Instinct Primal alias Jan Kruml. Schöner Dark Ambient, zu Beginn mit netten Videos unterlegt, eröffnete das Festival. Zu sehen gab es wenig, besonders, als das Video ausfiel, denn Kruml erzeugte seine Sounds per Laptop. Danach gaben sich Allerseelen die Ehre. Als Trio mit Trommel, Bass und Stimme angelegt, kam ein großer Teil als Back-Up vom Band.
Gerhard Hallstatts Vocals waren kaum zu verstehen, das ganze wirkte ein wenig lustlos. Deutsch Nepal, die eigentlich schon früher hätten spielen sollen, traten mit Verspätung auf. Angeblich war Lina Baby Dolls Gepäck auf einem Flughafen hängengeblieben, weshalb es nur eine offensichtlich im Handgepäck transportierte DVD gab, zu der Lina Vocals von sich gab. Musikalisch war das ganze sehr ansprechend, allerdings war der Spaß nach 20 Minuten auch schon wieder vorbei. Einziger positiver Effekt davon war, dass die mitgeschleppte Verspätung ein wenig verkürzt wurde.
Raison D' Etre spielten ein schönes Set mit sehr ästhetischen Videos, allerdings kam leider auch hier die Musik ausschließlich aus dem Laptop, weshalb man sich in diesem Fall Bestuhlung des Raumes gewünscht hätte.
Denn stehend auf eine Bühne zu schauen, auf der absolut gar nichts passiert, wird leider relativ schnell langweilig. Trotzdem eines der besseren Konzerte dieses Festivals. Die große Überraschung an diesem Abend waren aber Tabor Radosti, die Industrial und Elektro mit wunderbaren okkulten Videos verbanden, und selber zuerst in Teufelsmasken, später in Butoh ähnlichen Masken auftraten.
Der Samstag war von Anfang an als noch länger Abend angelegt. Die erste internationale Band, :Of The Wand And The Moon:, betrat die Bühne erst gegen 22 Uhr. Kim Larsen trat mit akustischer Gitarre auf, daneben gab es Bass und Schlagwerk. Wahrscheinlich wäre das Konzert gar nicht übel gewesen, wenn man etwas davon gehört hätte. Die Stimme war kaum verständlich, die akustische Gitarre die ersten 20 Minuten nicht zu hören. Das schlimmste waren aber die Rückkoppelungen, die von einem Amplifier hinter dem Gitarristen kamen, was aber weder Band noch Soundtechniker zu lösen imstande waren.
So musste man alle ein bis zwei Minuten schmerzerfüllt das Gesicht verziehen oder den Raum ganz verlassen. Danach gab es den zweiten Auftritt der beiden Peter Anderssons, nämlich Raison D' Etre Peter und Lina Baby Doll Peter, zusammen Bocksholm.
Der eine Andersson versteckte sich wieder hinter seinem Laptop, der andere versuchte völlig planlos, seine Kabel einzustecken - leider ohne Erfolg. So gab es keine Vocals von Lina, und sein Beitrag zu diesem zweiten Konzert dürfte einzig und allein darin bestanden haben, eine seiner Audiokassetten für 5 Minuten in die Höhe zu halten.
Teatro Satanico aus Norditalien traten schon mit einer Stunde Verspätung auf.
Die Band schied die Geister in zwei Lager - die Hälfte der Konzertbesucher fand sie großartig, die andere Hälfte schlichtweg peinlich. Tatsächlich schwadronierte Hauptakteur Devis Granziera über das Leben als Künstler und die Leiden des Künstlers, und erzählte vom Totenvogel, der in Italien angeblich Hole heisse (was schwer bezweifelt werden darf). Ihm widmete er dann auch einen Song: "This song is dedicated to the hole". Einleitungszeit boten eine gelungene Performance mit Feuershow dar, danach spielten zwar noch weitere Bands, allerdings vor leerem Raum, es war bereits nach 3 Uhr.
Summa summarum muss man sagen, dass es löblich ist, in toller Location ein Festival auf die Beine zu stellen. Underground kann auch ruhig improvisiert sein, das kann Charme haben. Allerdings darf es nicht so weit gehen, dass ein ahnungsloser Tontechniker Konzerte ins Unhörbare verpatzt. Ein wenig Zeitmanagement dürfte in Zukunft auch nicht schaden, und auch die sicher freiwilligen Helfer an der Bar könnten ein Minimum an geistiger Kapazität mitbringen (so sollte ein junger Mann in Industrial-Outfit zum Beispiel in der Lage sein, auszurechnen, wieviel 12 Getränkecoupons a 15 Kronen kosten). Da die gleichen Probleme sich nun aber doch schon in das vierte Jahr erstrecken, darf bezweifelt werden, ob man aus den Fehlern von heuer für 2014 lernen wird.
Kommentare
also zu laut war es mir meistens nicht... nur die Rückkoppelungen bei OTWADM haben mein Trommelfell fast zum Bersten gebracht... :-/
mir hat es auch exzellent gefallen. ich muss jedoch anmerken, dass es mich dank Lautstärke bei den allermeisten Konzerten einfach "rausgepustet" hat. es war einfach zu heftig laut für mich. habe aber keinen einblick, ob das mehreren leuten so ging?
PS: Ah, the Owl! Hätte man eigentlich aus dem italienischen Englisch ableiten können müssen! Danke für die Aufklärung ;-)
Am ersten Tag gab es auch oben kein Bier, erst am zweiten Tag hat das funktioniert. OTWATM klingen gar nicht so sehr nach Death in June, es ist halt auch Folk. Deutsch Nepal kannst Du, Albin, glaube ich nicht ganz objektiv beurteilen. Aber bei aller Sympathie ist man da von "genial" ein ganz schönes Stückchen entfernt.
Ich fands schön.
Hier übr. eine eindrucksvolle Gallerie: [galerie.sanctuary.cz]
Wenn man sich aufraffen konnte ein paar Schritte an die obere Baar zu gehen, dort wartete man kaum auf sein Bier! Das hab ich aber auch erst am 2en tag rerafft.
Und Lina "versuchte" nicht sein Kabel erfolglos einzustecken, leider wurde sein Mischpult bei der Gepäckverspätung in Mitleidenschaft gezogen und drum kam kein Signal mehr....bitter! Leider..denn Deustch Nepal waren extrem gut...mir hat auch die andere Schwedenpartie gefallen die leider erst dann spielte als das Sandmännchen schon bei mir angeklopft hat und die Band mit den "Hörnderln" war auch gut. Raison DÈtre ist definitiv keine Lifeband - der Rest war .. naja, das Übliche halt. Von Theatro Sataniko hätt ich mir mehr erwartet - langsam nützt sich der Italocharme ab und es kommt aus dem land mehr oder weniger Durchschnittsware.
Und wieso eine Band gneuaso klingen will wie ihr Vorbild ist mir bei OTWATM bis heute rätselhaft, obwohl man ihnen zu Gute halten muß daß sie technisch einfach besser sind und motivierter als Ihr Vorbild.
Trotzdem, wenn kman sich nichts vom Festival erwartet hatte war es ein angenehmes Wochenede in einer großartigen Location mit netter Atmosphäre.
Ich denke Devis Granziera von Teatro Satanico wollte sagen "This song is dedicated to the owl", zumindest heißt ein Lied auf der neuen Platte so.
Aber 'to the hole' war bei all dem Chaos schon sehr lustig :-)
SimonSchall, klar gibt es gute Acts mit Laptop... wenn er als Instrument verwendet wird, und nicht nur auf play gedrückt wird...
Also um da mal alle "modernen" Musiker die mit Notebook Musik machen in Schutz zu nehmen. Man kann sehr wohl ein tolles Live-Erlebnis vermitteln. Man muss nur wissen wie.
Aber gleich mal alle zu verteufeln find ich nicht fair den Leuten dies wissen wies geht gegenüber. Gibt auch stinklangweilige Bands mit "echten" Instrumenten, weils einfache Schlaftabletten sind. Selbe Diskussion mit Auflegen mit Laptop oder mit CD ... gibt genug CD-Djs die auch ned mehr als die Start/Stop Taste vom Cd-Player kennen und Notebook-Djs die ein Hammer sind.
Aber der Bericht ist genial geschrieben.
This Festival is dedicated to the hole - :D hahaha genial!!! hab' den Satz gerade erst entdeckt. Danke Walter, you made my day :D
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