Ein „1st Goth Rock Over Vienna Festival“ will erwarten machen, dass - mindestens offen lassen, ob - es in Serie geht. Monatelange PR-Bemühungen sollen auch gewürdigt sein; so ganz geht die Rechnung vielleicht nicht auf, die Quantität Besuchender verbleibt höflich. Aus subjektiver Sicht kein Hindernis für einen intensiven, mindestens langen Abend.

16.4.2011, Szene Wien

Exit to Eden eröffnen szeneüblich pünktlich den Abend mit einer braven halben Stunde, gedienter österreichischer Gothrock endet „painted black“.

vendemmianVendemmian folgen in wenigen Minuten; Erwartungen haben sich an ihren Auftritt geknüpft, die sich schwerlich zu zweit stillen lassen, wenn die halbe Band vom Tape kommen muss – eine Drummachine wäre zu tolerieren gewesen; zwischenzeitlich bleibt live nur der Bass Recht statisch stehen Mark B. Douglas und Dave Drum da und haben statt Verstärkung zwei weiße Ballonmaskottchen bei sich, um sie hintereinander ins  laut Douglas „very perceptive“ Publikum zu werfen, sozusagen schwereloses Stagediving. Auch muss sich der Saal noch füllen. … „Shine On – shine on …“ Das ist kein Rock, reiner Pop. Das meiste lieb-, wenigstens belanglos. „Don’t Ask Me Why“ – neues Stück, hat ein wenig mehr Drive. Das letzte Lied will von Suizid handeln und vergeht als Brei.

Whispers In The Shadow21.49. Whispers in the Shadow. Das lange Intro aus Herzogs „Nosferatu“, Sprachsamples und elektronischem Dröhnen bereitet begleitet von einigen visualisierten alchimistischen  Bemerkungen über Götter und Dämonen an den Wänden auf die spätestens seit den letzten beiden Platten wuchtigen Inhalte vor, die gleich aufbrausen werden. Und man freut sich auf eine ganze Gruppe, die ihre Instrumente beherrscht und einen schon gesehenen Hut auf Ashleys Kopf. Es geht hinein „In The Arms Of Chaos“. Der Auftakt lässt sich hören, die Stimmung bessert sich leicht. Sie sind ja doch Lokalmatadoren. Der Sänger nutzt sein Volumen in gewohnt aus-gedehnter Manier. Gleich grölt wieder einer „Satan“ aus dem lustigen Teil des Publikums – kommt’s zurück: „Hustinetten!“
Lieder, die nicht nach dem schweren Pathos neuerer Produktion klingen, tun etwas besser, steckt etwas mehr Melodiösität drin.
Der Sound wirkt erwartungsgemäß gut eingeprobt und ausgewogen.
Dazu Dayours Hohepriesterhaltung: „Rise, Babylon Rise“ … und natürlich steht ihnen Rotlicht im Nebel.
Die Zugaben folgen geradewegs nahtlos. Der Sänger legt die Gitarre ab und wird noch monumentaler. Als letzter geht Keyboarder Martin Acid von der Bühne.

Merciful NunsHalb 12 vorbei, man ist etwas müde. The Merciful Nuns. Ein Gitarrist mit Bart und Piratentuch (Jón), eine Bassistin auf den ersten Blick auch sehr maskulin und noch immer Jawa Seth, die Drummachine neutral. Arthur Seth anfänglich als Gesicht auf dem Monitor. Theatralisch war er schon immer, es funktioniert aber. Dann aber steht er schicksalsgeladen da, und es wird ein wenig penetrant. Eldritch auf teutonisch? … Ledermäntel, Sonnenbrille, deutsche Steifheit, wenn auch weniger typisch als zu Zeiten von Garden of Delight.
Zwischendurch ein Tempowechsel – solang sie etwas schneller werden, ist ja gut.
Schließlich verschwindet der Sänger nahezu, schrittweise ins Dunkel zurück. Da sieht man ihn wenigstens nicht so gut.
Die Instrumentalisierung, so vorhanden, wirkt ausgewogen, der Auftritt bleibt ganz anämisches Testosteron. Mit einem Handscheinwerfer durchleuchtet Mr. Seth die lockeren Reihen, das tat er bei Auftritten mit der alten Formation auch.
Die auf lange Sicht trocken einlullende Darbietung endet um 0.40.

Ein bisschen darf noch Kollege Eraserhead mit der Aftershowparty ran, die schwere Nacht allmählich ausklingen.